Opa

Heute wäre mein Opa 113 Jahre alt geworden, wäre er nicht mit 79 gestorben.

Ich kann mich noch genau an den Tag erinnern an dem er gestorben ist. Das Wählscheibentelefon läutete spät am Abend und das Klingeln hallte im großen Haus. Meine Mutter eilte zum Telefon. Sie versuchte leise zu sprechen, was aber bei Ferngesprächen in den 80ern ziemlich schwer war. Meine Schwester und ich rannten zu ihr in den Flur, als wir hörten, dass sie Deutsch sprach. Das bedeutete, dass der Anruf aus Österreich war, was an sich etwas freudiges war, aber um diese späte Stunde könnte es nichts Gutes bedeuten. Und so war es auch. Mamas Stimme wurde immer zittriger und als sie auflegte flossen ihr die Tränen über das Gesicht: “Opa ist gestorben!”, sagte sie und umarmte uns fest. Wir haben uns dann zusammengesetzt und über unseren letzten Besuch bei ihm und der Oma in Oberösterreich gesprochen. Das hat uns gut getan.

Er war schon einmal vor dem Sommer sehr schwer krank gewesen, hatte aber noch den Lebenswillen nicht aufgegeben, weil er uns sehen wollte. Er hatte immer große Sorgen um uns, wegen des ersten Golfkrieges. Als wir im Sommer vom Flughafen direkt zu ihm ins Krankenhaus gefahren sind hat er gestrahlt vor Freude und wollte sofort mit uns nach Hause fahren. Die Schwester hat ihm aber erklärt, dass er sich noch ein paar Tage gedulden muss. Zu Oma hat er dann gesagt: “Gib ihnen das ganze Geld aus meiner Lade!” Und zu uns sagte er: “Kauft euch schöne Sachen damit!” Dann schaute er noch zu meiner Schwester, die schon ein Teenager war und sagte ihr: “Kannst dir Schuhe kaufen!” er wusste genau was sie mag.

Der Sommerurlaub war, wie immer, wunderschön in Österreich und die Energie die wir getankt haben, hat für das restliche Jahr in Bagdad ausgereicht. Beim Abschied war er sentimental, vielleicht spürte er, dass wir uns nie wieder sehen würden. Ich war zu jung, um das zu verstehen und habe mich mit der Selbstverständlichkeit eines Wiedersehens verabschiedet.

Wenn ich heute an ihn denke, dann sehe ich ihn im Garten mit der Pfeife sitzen. Er nahm uns selten auf den Schoß und er spielte auch nicht mit uns wie die Oma, aber er war da und war glücklich, dass wir auch da waren. Es war seine Art uns seine Liebe zu zeigen.

Täglich musste er viele Pillen nehmen und ich war über glücklich, wenn er mich beauftragt hat sie zu holen. 7 oder 8 bunte Pillen, ich fühlte mich erwachsen und verantwortungsvoll, wenn ich ihm die Pillendose bringen durfte.

Faszinierend war auch sein Frühstück. Milchkaffee in einem Reindl und er brockte eine Semmel ein. Ich fand es extrem appetitlich, durfte aber keinen Kaffee trinken.

Über seine Kindheit und Jugend hörten wir nur von Oma. Er war nur im hier und jetzt.

Heute, im Verwandtschafts-chat auf WhatsApp, schreiben alle über Opa und teilen Fotos von ihm. Ich lese die Nachrichten vor dem Fenster und plötzlich ist ein wunderschöner Regenbogen vor mir. „Opa, bist das du?“

Kategorien About Baghdad, About Vienna Warning: Undefined variable $tag_list in /home/.sites/80/site8025394/web/wp-content/themes/toujours/inc/template-tags.php on line 92 Warning: Undefined variable $tag_list in /home/.sites/80/site8025394/web/wp-content/themes/toujours/inc/template-tags.php on line 97 Schlagwörter , , ,

Doppelmoral

Vor Gericht steht ein Mann.
„Lebenslang“ lautet sein Urteil.
Sein Foto erscheint in jeder Zeitung.
Die Augen verpixelt. Seine Lippen schmal und verbissen und sein Gesicht ohne einen Ausdruck von Reue.
Die Geschichte vom Mord wird mit jedem grauenhaften Detail beschrieben. Er hat die Tat lange geplant. Er war dem Opfer auf der Lauer, und sah nur noch das Geld, das er so unbedingt wollte und irgendwann schlug er zu. Von Menschen zu Monster.
Nein, er hat keine Gnade verdient. Wer so eine Tat verübt, gehört für immer hinter Gitter.

Die Gerechtigkeit hat gewonnen.

Ein Ex-Politiker. Ein alter Mann. Liebevoll umarmt von Michelle Obama. Ein Künstler.
Mit dem Pinsel in der Hand geht sein Foto um die Welt.
Bush Junior hat seine künstlerische Ader entdeckt und wird von den Medien gefeiert.
So sympathisch ist er geworden, weil er, im Vergleich zum Expräsidenten Trump, doch ein sehr “vernünftiger” Präsident war.
Was die Medien nicht unter dem Bild schreiben:
Seine Taten waren geplant und äußerst brutal. Die Gründe für den Krieg wurden gefälscht. Die Zahl seiner Mordopfer liegt weltweit bei mindestens einer Million Menschen und steigt täglich. Unter den Opfern waren Neugeborene, Babys, Kinder, Schwangere, Jugendliche, Mütter und sogar die Natur.
Wofür? Macht, Öl und das Geld der Waffenindustrie.
Reue zeigt er bis heute keine und vor Gericht wird sich Bush auch nie verantworten müssen.

Gerechtigkeit ist doch eine Lüge.

Amiriyah Bunker

Am 13. Februar 1991, also vor genau 30 Jahren, haben amerikanische Raketen den zivilen Bunker von ِِِِAmiriyah bombardiert und ganz Irak hat geweint.

Obwohl Krieg generell ein Horror ist, stechen manche Gräueltaten aus den Gräueltaten heraus.

Am heutigen Tag vor 30 Jahren haben zwei moderne Laser gesteuerte “smart Bombs” einen Luftschutzbunker, in dem sich mehr als 400 schutzsuchende Menschen aufhielten, zerstört.

Ein “militärischer Erfolg” waren diese hochmodernen Raketen. Eine Freude muss es gewesen sein für das Team, dass diese Technik entwickelt hat. Die erste Rakete durchbohrte die oberen Schutzschichten vom Bunker und machte Platz für die Zweite, die kurze Zeit danach in das vorbereitete Loch eindrang und tief im Inneren des Bunkers explodierte.

Dass 400 Menschen, darunter 200 Frauen und 62 Kinder, das jüngste war 7 Tage alt, qualvoll gestorben sind, ist ja ein Nebenprodukt der Kriegsindustrie, welches Waffenhersteller und Kriegsführer gerne in Kauf nehmen.

Die Bilder aus dem Fernseher und die Schilderungen der Rettungskräfte werde ich nie vergessen. Die Menschen sind nicht nur wie “gewöhnlich” durch die Explosion und die Trümmer gestorben. Der Tod im Schutzpunker geschah schrittweise und langsam. Die erste Bombe löste einen Brand aus und erschütterte den ganzen Bunker, wodurch sich die schweren Schutztüren schlossen und niemand konnte mehr hinaus, oder hinein. Die folgende Rakete zerstörte den Oberbau komplett und das mittlerweile kochende Wasser aus den Tanks und Leitungen floss gnadenlos auf die eingeschlossenen Menschen. Die militärischen “Erfolgsraketen” löschten gesamte Familien aus. Manche Häuser dieser Gegend hatten keine Einwohner mehr. Eine Frau, die zu den Überlebenden gehörte, hatte ihre 8 Kinder im Bunker verloren. Kann man hier wirklich noch von einer Überlebenden sprechen?

Was heute noch zu sehen ist, von diesem abscheulichen Kriegsverbrechen, ist ein Denkmal und ein Museum in Inneren der zerbombten Ruine. Verzweifelte Handabdrücke, die sich durch die extreme Hitze in den Beton eingebrannt haben und viele Fotos erinnern an die Menschen, die statt Schutz den Tod in diesem Bunker gefunden haben. Der gesamte Ort spricht von einem schrecklichen Verbrechen, dessen Täter nie vor Gericht kamen und vielleicht sogar noch als Kriegshelden gefeiert werden.

Mehr über dieses Kriegsverbrechen:
https://en.wikipedia.org/wiki/Amiriyah_shelter_bombing

Danke an die Irak Instagrammerin @tour_alkhatoon für die Fotos 🙂
شكرا جزيلا لتور الخاتون على الصور

Corona-Times

Dienstagmorgen in der U3 Richtung Simmering:

Es hallt eine Durchsage: „Wegen eines Rettungseinsatzes in der Station Zieglergasse, kommt es zu längeren Wartezeiten….“

Eine Stöhnwelle geht durch den Zug und man hört Kommentare wie: „Na, super! Jetzt komm i z‘spät!“, „Oida, des gibt‘s ned!“ usw.

Die Frau neben mir beschließt, dass alle, die rund um sie sitzen, großes Interesse daran haben ihren Unmut zu hören und hält einen lauten Jammermonolog.

Der Mann vor mir murmelt genervt vor sich hin und ich höre so Textfetzen wie: „hoit‘s Maul Oide… a Wahnsinn … geh bitte“.

Jetzt fällt mir eine andere Frau auf, die ein Plakat als Mundnasenschutz trägt. Ich versuche zu lesen: „Covid 19 Virus Lüge sind: Parasiten …“ Ich kann den Rest nicht erkennen. Sie sprach gerade mit ihren Sitznachbarn und teilte ihnen ihre Verschwörungstheorie mit.

Ich überlege, ob ich aussteigen soll, aber ich habe einen Sitzplatz und noch Zeit, also beobachte ich weiter die Verschwörungstheoretikerin, überlege wie hoch die Ansteckungsgefahr im immer voller werdenden Wagon ist und versinke dabei tief in meinen Gedanken.

Wird das Thema Corona langsam zur Religion? Manche glauben daran, andere spüren höhere Mächte dahinter und einige zweifeln überhaupt an der Existenz des Virus. Klar, wir sind nicht alle Wissenschaftler und bekommen die Informationen nicht aus erster Hand, also bleibt uns nur der Glaube. Der Glaube an das, was die Medien berichten, die Regierungen bestimmen oder an die Gegenstimmen im Hintergrund, deren Videos immer wieder gelöscht werden aus den sozialen Netzen, weil sie vielleicht doch die einzige Wahrheit sprechen?

Ist es ein riesen Plan um die Welt zu verändern? Ist China dahinter, Russland, die USA oder Bill Gates?

Vielleicht sind es die unsterblichen weißhaarigen Herrn die in einem dunklen Bunker sitzen, die aus Kinderblut gemachte Drogen einnehmen und die unsichtbaren Fäden des Weltgeschehens ziehen?

Angst und Ungewissheit bestimmen die Corona-Zeiten und nichts spaltet eine Gesellschaft mehr, als Glaube und Angst.

Die Geschichte hat uns gezeigt, dass die schlimmsten Kriege im Namen unsichtbarer Götter geführt worden sind.

Aber wie kann man nun die Angst nehmen und Wissen statt Glauben verbreiten?

Die Durchsage ertönt: „Der Rettungseinsatz wurde beendet…“. Der Zug fährt weiter.

Ich steige in der Neubaugasse aus.

Kategorien About Vienna, Story.One Warning: Undefined variable $tag_list in /home/.sites/80/site8025394/web/wp-content/themes/toujours/inc/template-tags.php on line 92 Warning: Undefined variable $tag_list in /home/.sites/80/site8025394/web/wp-content/themes/toujours/inc/template-tags.php on line 97 Schlagwörter , , ,

Hitzewelle

Es war im Juli 2003, als ich von Bagdad nach Wien gezogen bin. Schon beim Anflug habe ich gemerkt, dass irgendetwas anders war als sonst. Es war der gelbe Schleier, der sich auf den Feldern von Österreich verbreitet hat und uns, statt dem satten Grün, das sonst unsere Herzen aufblühen ließ, begrüßt hat.

Meine Schwester, die mit mir war, sagte: “Das ist ja fast so trocken wie Bagdad!”

Nach dem Landen haben wir die ungewöhnliche Hitze zu spüren bekommen und meine Mutter, die auf uns wartete meinte: “Es ist einer der heißesten Sommer in Wien!”

Diese Hitzewelle hat man nicht nur an den gelblichen Pflanzen gesehen sondern auch an den Gemütern der Menschen:

Es war in einem Bus der Linie 13A als zwei Männer, total ohne Grund, aufeinander losgingen. Sie schrien sich so arg an, dass ich mir dachte, sie werden sich bald gegenseitig die Köpfe einschlagen. Die Situation ist nur nicht zur Eskalation gekommen, weil einer der Streitenden ausgestiegen ist.

Das gleiche Phänomen, habe ich mehrmals beobachten können. Einmal hat sogar der Straßenbahnfahrer eine Frau angebrüllt, weil ihr Kind nicht aufhörte zu schreien. Er sagte: „Geh bitte, steigen’s aus. Des Geschrei höt ja ka’na aus, bei der Affenhitze no dazu!“

Die Frau, die schon mit dem tobenden Kind im Kinderwagen überfordert war, verließ die Straßenbahn mit Tränen in den Augen.

Die Hitze hat, wie man so schön auf Wienerisch sagt: „Olle ins Hirn geschissen“.

Zurückblickend nach Bagdad, wo es im Sommer bis zu 53 Grad Celsius im Schatten haben kann und jeder normaler Thermometer in der Sonne platzt, ist mir klar geworden, warum es dort immer wieder zu Streitereien kommt. Besonders am Markt und im Straßenverkehr hörte man oft eine lautstarke Auseinandersetzung, um die sich schnell eine große Menschenmenge versammelte, deren Rollen zwischen Zuschauer, Hetzer und Schlichter variierten.

Meistens endeten auch diese Streitereien friedlich und die laute Versammlung löste sich wieder auf.

Was bleibt ist die Hitze, die bald wieder jemanden ins Hirn…!

Kategorien About Baghdad, About Vienna, Story.One Warning: Undefined variable $tag_list in /home/.sites/80/site8025394/web/wp-content/themes/toujours/inc/template-tags.php on line 92 Warning: Undefined variable $tag_list in /home/.sites/80/site8025394/web/wp-content/themes/toujours/inc/template-tags.php on line 97 Schlagwörter , , ,

Fliegende Monster

Als ich am 27. Juli 2017 im Büro war und einen lauten, immer näher kommenden Hubschrauberlärm hörte, dachte ich mir: „Es muss ein Rettungshubschrauber sein.“ Aber als der Ton immer lauter wurde und das Bürohaus richtig zu vibrieren begann, eilten wir zum Fenster und sahen die Verursacher. Es waren vier riesige US-Militärhubschrauber.

Obwohl ich wusste, dass es sicher kein Angriff war, ist es mir eiskalt über den Rücken gelaufen und ich spürte dieselbe Angst in mir, die ich bei meiner letzten Begegnung mit so einem Hubschrauber hatte…

Das war im Mai oder im Juni 2003. Bagdad war am 9.April gefallen und die amerikanischen Soldaten haben gemeinsam mit den Alliierten das Land mehr oder weniger „kontrolliert“.

Mein Mann war in der Arbeit und ich war im Haus und spielte mit meinen beiden Kinder, damals 2 und 4, im Kinderzimmer.

Man hörte den ganzen Tag Hubschrauber und Kriegsflieger herumschwirren im Himmel, dass man sich schon fast daran gewöhnt hatte. Aber plötzlich näherte sich ein Hubschrauber so nah an unser Haus heran, dass alles zu beben begann.

Mein Herz raste. Ich habe meinen Sohn aufgehoben und meine Tochter an der Hand genommen und bin auf die Dachterrasse rausgerannt. Der Wind vom Hauptrotor wirbelte unsere Haare auf. Ich schaute rauf und das schwarze Monster-Ding, stand im Flug genau über dem Haus. Die Windschutzscheiben reflektierten die Sonne und blendeten mich, hinten war die Schiebetür halboffen und eine schwere Waffe war auf uns gerichtet. Sie waren so nah, dass ich Augenkontakt hatte mit dem US-Soldat der hinter der Waffe stand.

Meine Knie waren weich, mein Herz raste mir fast aus der Brust. Das einzige was ich machen konnte war auf die Kinder zu deuten und „Children“ zu sagen. Er hörte mich sicher nicht, ich hörte mich selbst nicht, aber das Deuten auf die Kinder hat er wahrgenommen. Er nickte mir zu und der Hubschrauber flog wag.

Ich bin auf die Knie gegangen und habe meine Kinder fest an mich gedrückt. Die beiden waren vom Lärm benommen und haben sich mit aller Kraft schweigend an mich geklammert.

Ich blieb so, bis ich die besorgte Stimme meiner Schwester wahrgenommen habe die nach mir gerufen hat. Sie wohnte gegenüber und rannte zu mir, als sie den Hubschrauber über dem Haus sah.

Was die Soldaten im Hubschrauber suchten oder machen wollten werde ich nie wissen. Was ich aber mit Sicherheit weiß, ich werde immer Panik haben vor diesen fliegenden Kriegsmonstern, egal ob sie in Bagdad irrtümlich über unser Haus kreisen oder versehentlich über Wien fliegen.

*Orf Bericht vom 27.07.2017: https://wien.orf.at/v2/news/stories/2857316/

Kategorien About Baghdad, About Vienna, Story.One Warning: Undefined variable $tag_list in /home/.sites/80/site8025394/web/wp-content/themes/toujours/inc/template-tags.php on line 92 Warning: Undefined variable $tag_list in /home/.sites/80/site8025394/web/wp-content/themes/toujours/inc/template-tags.php on line 97 Schlagwörter , ,

Parken leicht gemacht

Seit Juli 2003 lebe ich in Wien. Davor habe ich für 24 Jahre in Bagdad gelebt. Es ist also nicht schwer zu verstehen, dass ich bei den unterschiedlichsten Situationen Vergleiche zwischen den zwei Städten ziehe.

So denke ich mir oft „In Bagdad wäre das nie passiert“ oder „Es geht uns so gut in Wien“ aber auch „das ist ja genau wie in Bagdad“

Ein Bespiel für so eine Situation ist das Einparken.

Ich fahre sehr selten mit dem Auto in Wien. Man braucht es nicht wirklich und ich hasse es einzuparken. Ich weiß, heutzutage gibt es tolle Autos die das selbst erledigen, aber das Privileg so ein Auto zu fahren hatte noch nicht.

So war es einmal in Bagdad, kurz nach dem ich den Führerschein machte, dass ich beim Versuch eine Parklücke anzupeilen total verzweifelt bin.

Drei Passanten hatten sich schon aufgestellt, um mir Anweisungen zu geben. Der einer schrie mir zu: „Lenke stark nach rechts ein!“, der andere rief: „Lenke im stehen und fahre dann langsam los.“

Ich war ziemlich verwirrt und konnte bald nicht mal rechts von links unterscheiden, da öffnete einer von ihnen die Autotür und sagte: „Steig‘ aus Schwester, ich parke es für dich ein!“

Er hat das Steuer übernommen, das Auto in drei Sekunden abgestellt und mir den Schlüssel übergeben. Er war mein Retter in der Not und ich war ihm endlos dankbar.

Beim Einparken in Wien, fehlen mir oft diese freiwilligen Parklotsen. Da habe ich eher so ein Gefühl, dass manche still und neugierig zuschauen, um mit sich selbst zu wetten ob die Frau da am Steuer es schaffen wird oder nicht.

Kategorien About Baghdad, About Vienna, Story.One Warning: Undefined variable $tag_list in /home/.sites/80/site8025394/web/wp-content/themes/toujours/inc/template-tags.php on line 92 Warning: Undefined variable $tag_list in /home/.sites/80/site8025394/web/wp-content/themes/toujours/inc/template-tags.php on line 97 Schlagwörter , , ,

Der Tag davor

Bei jeder Gedenkfeier an Opfer einer Massengewalttat, versammeln sich die Menschen und sprechen große Worte, wie dass man nie wieder zusehen dürfe, wie Menschen auf solche Weise ums Leben kommen. „Never again!“, sagen sie. „Handeln statt Wegschauen!“ und andere starke Slogans.
Was sie dabei aber vergessen zu scheinen ist, dass gerade in dem Moment in dem sie gedenken, woanders auf der Welt genau dasselbe passiert. Genau dasselbe wofür sie gerade inne halten.

Diese Gedenkveranstaltungen erinnern mich immer an den 19. März 2003. An diesem Tag habe ich so sehr auf die Welt gehofft. Darauf, dass sie nicht nur zusieht und verurteilt, sondern auch tatsächlich etwas verhindert und eingreift, nämlich den Angriff auf den Irak.

Es war sehr früh am Morgen meine kleinen Kinder haben noch geschlafen. Ich konnte nicht schlafen. Habe Krieg bereits zu gut gekannt, als dass ich trotz der Androhungen ruhig schlafen hätte können. Ich ging auf die Terrasse. Der Himmel war extrem blau mit kleinen, scharf definierten Wolken, meine weißen Rosen haben geblüht und herrlich geduftet. Ich habe in den Himmel geschaut und mit Gott gesprochen: “Gott lass es nicht passieren. Bitte verhindere es. Wir hatten schon zwei Kriege, der Dritte wird unser Untergang sein. Ich will nicht, dass meine Kinder auch Krieg erleben. Bitte mach, dass alle Politiker zur Vernunft kommen. Es ist ein wunderschönes Land, gib uns einmal auch wieder Frieden, bitte!”

Die morgendlichen Sonnenstrahlen fingen an die kalte Frühlingsluft aufzuwärmen und plötzlich hat mich ein gutes Gefühl überkommen. „Es wird nichts passieren“, dachte ich mir, „Die Welt wird es nicht zulassen. Das Land leidet noch an den Folgen der ersten beiden Kriege und des Embargos. Mehr können sie uns nicht antun wollen.“
„Es wird ein Wunder geschehen. Heute wird Saddam abtreten, Bush wird einsehen, dass es keine Massenvernichtungswaffen gibt oder die UNO lädt alle Beteiligten vielleicht erneut zu einer Weiterführung der Gespräche ein.“
„Ja, so muss es sein. Der Himmel bleibt blau, meine Rosen werden weiter blühen und Frieden wird auf uns kommen.“

Wie sehr habe ich mich getäuscht, denn die Welt hat uns, wie auch andere zuvor und danach, im Stich gelassen.
Der Krieg ist gekommen und der Himmel war schwarz und rot, von Rauch und Sand. Meine Rosen sind vertrocknet und das Land, wie ich es kannte, ist gestorben.

Diese traurige Geschichte hat leider kein Ende. In dem Moment in dem ich gerade schreibe gibt es auf der Welt zahlreiche Kriege, Vertreibungen, Völkermorde, Hunger, Not und Gewalt. Und was macht die Welt? Die einen sind Teil der Gewalt und die anderen schauen zu.

Das ist die Aida!

An einem herrlichen Juni-Nachmittag, saßen meine Kinder und ich im Schanigarten der Aida Konditorei Bognergasse in der Innenstadt. Wir warteten noch auf unser Eis, als sich ein sehr elegantes älteres Paar an den Tisch neben uns setzte.

Sie begrüßten uns höflich und wir erwiderten den Gruß.
“Sehr freundlich!“ dachte ich mir. Es ist ja sehr selten, dass jemand grüßt in der Innenstadt, da viele Touristen unterwegs sind und es immer hektisch zugeht.

Ich warf einen kurzen Blick auf die beiden und dachte mir dabei: “Die gehen sicher noch auf ein Konzert oder ins Theater.” Die Frau hatte die Haar hoch toupiert und trug ein schönes, grünes Kleid aus Seide mit einer großen Diamantenbrosche auf dem Kragen, der Mann schick im klassischen eleganten Lodenanzug. Sie plauderten kurz miteinander, als der Blick der Dame auf die Speisekarte fiel. Wie vom Blitz getroffen sprang sie auf und sagte in einem erschrockenen Ton zu ihrem Begleiter: “Das ist die Aida, das ist die Aida!”

Ihr Mann konnte nicht sofort verstehen was sie meinte. Er sah sie an und murmelte nur: “Was?”. Sie sagte mit einem sehr bestimmten Ton: “Steh auf! Das ist die Aida!”

Jetzt hatte er es auch verstanden. Er schaute auf das Schild der Konditorei und sprang auch auf. Die beiden gingen los, ohne sich umzudrehen oder „auf Wiedersehen“ zu sagen. Zehn Meter entfernt von uns setzten sie sich wieder nieder. Diesmal aber an einen Tisch beim „Schwarzen Kameel“.

Kategorien About Vienna, Story.One Warning: Undefined variable $tag_list in /home/.sites/80/site8025394/web/wp-content/themes/toujours/inc/template-tags.php on line 92 Warning: Undefined variable $tag_list in /home/.sites/80/site8025394/web/wp-content/themes/toujours/inc/template-tags.php on line 97 Schlagwörter , , ,

The Hero

First his pictures filled the newspapers and finally he was there, on TV, when his investiture was broadcasted. An inconspicuous man sitting proudly beside Saddam Hussein, the president of Iraq back then.

The recording started with a small crowd clapping and praising the president entering the beautiful hall, which usually hosted the awarding ceremonies of high ranked politicians and military officers. Hussein greeted his guests with thanking words and a big smile on his face.

Saddam Hussein walked to the hero of the newspapers with a second degreed Al-Refidayn medal in his hands and placed it around the old man’s neck, while saying his famous “afiya, afiya” to express his appreciation for the braveness of the old man and his „endless love for Iraq“. The flashlights were raining over them to catching this historical moment. The crowd, mainly consisting of the old man’s family, started clapping and shouting out prayers and praising slogans.

When the president sat down and the guests also took their places on the expensive white and gold furniture, the man was asked to tell his story.

He started his speech with the typical phrases of ensuring his loyalty to the president, the country and the military and damming everybody who wants to harm Iraq.
He started talking about his 4 sons. How proud he was, when they were old enough to join the army and fight against the Iranian enemy. His wish was that his sons would „whiten his face“ in front of the world by returning from the battlefield in one of two ways: either in coffins wrapped in the Iraqi flag as martyrs or as glorious heroes waiving the flag of victory.
But unfortunately his oldest son turned out to be a coward. He was afraid to sacrifice his soul for the president and for the country. He ran away from the battlefield to save his own life and left his brothers and mates behind.
He came home to hide from the war fires like a weak dog.
“I was so angry, disappointed and full of shame! Why did he do this to me?
How did he dare turn his back on his duty, to you my dear sir president and to our beloved country? My anger was big. My pain and shame were indescribable. I shouted at him, I threatened him, I warned him but he didn’t listen. I understood then that I have raised a useless citizen, who brought shame over me and my family. I fetched my revolver and went to his room. I told him: you are afraid to be killed? I will shoot you, you betrayer.

And then, Mr. President, I shot him dead. I killed him for the crime of high treason.“

The voices of those who were present rose again praising and clapping.

We were witnessing the honoring of a murderer. A father who killed his unarmed son, only because he refused to fight in a meaningless war, in which the outcomes were the death of more than a million human souls and an extreme damage of the infrastructure and economy on both sides.

I was speechless, exactly as most of the people I knew. We were excellently trained in being speechless. Speaking about the craziness of this act or calling it the honoring of a killer, was just the thick red line we learned never to cross, and we never did.

There are a lot of methods used by ruling regimes to make people submissive. I find killing the morality in a community is one of the worst ways to gain total control.

When I think of this evening, I feel sad that I once have been part of the big silent mass.
Today crimes of parents killing their children (mostly young women) for „shaming the family“ are still happening and still being tolerated by the Iraqi government. In most of these cases the murderers get backed by their families and may even get away without trial or punishment.

Kategorien About Baghdad Warning: Undefined variable $tag_list in /home/.sites/80/site8025394/web/wp-content/themes/toujours/inc/template-tags.php on line 92 Warning: Undefined variable $tag_list in /home/.sites/80/site8025394/web/wp-content/themes/toujours/inc/template-tags.php on line 97 Schlagwörter , , , ,